Bruderlos: Thriller (German Edition) by Marcus Hünnebeck & Kirsten Wendt

Bruderlos: Thriller (German Edition) by Marcus Hünnebeck & Kirsten Wendt

Autor:Marcus Hünnebeck & Kirsten Wendt [Hünnebeck, Marcus]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2016-10-14T22:00:00+00:00


Kapitel 16

Der Mörder

Als ich in den Wagen steige, muss ich an vorgestern denken. Ich fuhr bereits auf der Autobahn, als mir plötzlich klar wurde, dass ein Leben auf der Flucht völlig verrückt wäre. Immer auf der Hut sein, nirgendwo länger bleiben können. So stelle ich mir meine Zukunft sicher nicht vor. Deswegen nahm ich schon nach wenigen Kilometern die nächste Ausfahrt und raste zurück. Eher würde ich effektvoll von der Bühne abtreten, als wie ein Hase vor dem Fuchs davonzurennen. Zuhause angekommen legte ich mich hin und schlief sofort ein. Normalerweise komme ich mit drei Stunden Schlaf aus, spätestens nach vier Stunden bin ich hellwach und wälze mich von einer Seite auf die andere. Als ich diesmal jedoch nach fünf Stunden die Augen erfrischt aufschlug, wusste ich, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Vor der Prostituierten muss ich mich sicher nicht fürchten, denn sie dürfte es gewohnt sein, wie ein Stück Dreck behandelt zu werden.

Nun, anderthalb Tage später, bin ich erneut unterwegs. Doch bevor ich mein Ziel ansteuere, fahre ich durch Seitenstraßen, mache Umwege und wende insgesamt dreimal um hundertachtzig Grad. Die ganze Zeit bemerke ich niemanden, der mir folgt.

Ob Michelle in den Armen ihres Verlobten liegt? Mich reizt auf einmal der Gedanke, in eine Wohnung einzusteigen, in der ich mit doppeltem Widerstand rechnen muss. Außerdem kann ich Michelle einfach nicht vergessen. Im Gegensatz zu meinen bisherigen Opfern ist sie die perfekte Frau. Ausgeschlossen, dass ich mir das Vergnügen einer Vereinigung entgehen lasse. Dafür muss ich allerdings erst ihren Julian ausschalten, am besten im Schlaf. Ich habe ein Seil in meiner Tasche, das ich ihm um den Hals schlingen werde, um es anschließend erbarmungslos zuzuziehen. Sobald er tot ist, werde ich mich dann liebevoll um seine Beinahe-Gattin kümmern.

***

Das Haustürschloss stellt kein großes Hindernis dar. Nachdem ich allerdings den Eingangsbereich betreten habe, höre ich, dass sich der Aufzug bewegt. Im nächsten Moment erklingt eine weibliche Roboterstimme: »Erdgeschoss. Ground floor.«

Jetzt heißt es, im Bruchteil einer Sekunde zu reagieren. Schaffe ich es unbemerkt ins Treppenhaus? Das charakteristische ›Pling‹ der sich öffnenden Fahrstuhltür dringt an mein Ohr. Panisch drehe ich mich um, reiße die Haustür auf und stürze hinaus. Ohne mich auch nur einmal umzusehen, laufe ich etwa hundert Meter bis zu einem schwarzen Wagen. An der Beifahrertür hole ich meinen Schlüssel aus der Tasche, damit es so aussieht, als wäre es mein Auto. Erst jetzt traue ich mich, über die Schulter zu schauen. Ich kann jedoch niemanden entdecken. Falls gerade jemand das Gebäude verlassen hat, muss er oder sie in die andere Richtung gegangen sein und hat meine verzweifelte Reaktion höchstwahrscheinlich gar nicht mitbekommen.

***

Einige Minuten später stehe ich vor der Wohnungstür und ziehe die Maske aus meiner Hosentasche. Ehe ich sie überstreife, blicke ich noch einmal zum Fahrstuhl. Irgendwie habe ich ein komisches Gefühl, vielleicht sollte ich das Ganze abblasen. Aber ich kann Michelle nicht schon wieder davonkommen lassen. Also unterdrücke ich die dunkle Vorahnung.

Mit dem richtigen Dietrich ist das Schloss der Wohnungstür rasch geknackt. Ich stecke ihn zurück in die rollbare Werkzeugtasche und klemme sie mir unter den Arm.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.